Format:
1 Online-Ressource (162 Seiten)
ISBN:
3832483314
,
9783832483319
Series Statement:
Pädagogik
Content:
Inhaltsangabe: Es geht heute verstärkt darum, im Bereich der Interkulturellen Erziehung neue Wege zu suchen, Wege, die meist nicht begradigt, geebnet oder geteert sind, die aber trotz ihres Unbegehbar-Erscheinens zugänglich gemacht werden können. Mittel einer Interkulturellen Erziehung erfordern in unserer heutigen Gesellschaft neue Formen und ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten. Nicht nur die Vermittlung der Zweisprachigkeit, sondern gerade die Einführung in unterschiedliche Rollenerwartungen verschiedener Kulturen, ihre Religionen, ihre Sitten etc. steht im Zentrum eines bewußten Umgangs mit der Interkulturalität. Notwendig ist hier das Handeln auf zwei Ebenen: einerseits die seelische Stärkung des Kindes, um es vor dem Zerbrechen an Diskriminierungserfahrungen wenigstens ansatzweise zu schützen zu versuchen, andererseits der Einsatz für gesellschaftliche Veränderungen, damit Rassismus und Vorurteilen frühzeitig Einhalt geboten werden kann. Da die Kunst in unserer Zeit stärker noch als in vergangenen Epochen gesellschaftliche Aufgaben hat, die nicht von der ästhetischen Dimension einer Arbeit zu trennen sind, liegt vor allem auch in diesem Bereich ein fruchtbarer Boden für eine Erziehung im interkulturellen Kontext. Kunst ist immer nur ein Glied des Lebens, ist eine schöpferische Tat des Menschen, der die eigene Existenz und seine Umgebung gestaltet und so künstlerisch den ihm zugänglichen Ausschnitt der Welt formt und organisiert. Der Versuch, diese stärkere Beachtung einer sich bereichernden Verknüpfung beider Bereiche im Sinne einer "Interkulturellen Erziehung durch und in der Kunst" zu vermitteln ist Hauptanliegen meiner Arbeit. "...Zuerst trachte ein Mensch, der Poet sein will, nach völliger Selbsterkenntnis. Er suche seine Seele, durchforsche sie, begreife sie...Er muß, was er erdichtend entdeckt, fühlbar machen, tastbar, hörbar, und wenn das, was er von da unten heraufholt, Form besitzt, so gibt er es als Form; ist es formlos, dann gibt er das Formlose.- Eine Sprache finden...Aber das Unsichtbare sehen und das Unhörbare hören, ist eine andere Sache, als den Geist toter Dinge wiederzuwecken...Die Entdeckungen des Unbekannten fordern neue Formen." (Rimbaud) Man kann den heutigen Erziehungsauftrag definieren als Erziehung zu einem kulturellen und gesellschaftlichen Krisenbewußtsein am "Fin de siécle". Der Erziehungs- und Bildungsbegriff muß gemäß unserer gesellschaftlichen Entwicklung in viel größerem Rahmen gesehen werden; die Pädagogik muß auf diese Krise reagieren, versuchen, diese Chance zur Weiterentwicklung, trotz der damit verbundenen Risiken und der Angst vor Veränderung zu nutzen und sich gegenüber Innovationen öffnen und neue Ideen (oder "alte Ideen in neuer Form") aufnehmen. Verbesserungen vor allem im schulischen sowie im außerschulischen Bildungsbereich sind notwendig. Offensichtlich übt der Wandel der Sozialisationsbedingungen außerhalb von Schule großen Druck aus auf ihre Rolle und Funktion im Prozeß der Sozialisation; in dieser Situation der Verunsicherung müssen Bildungs- und Erziehungsinstitutionen ihre historische Rolle als Sozialisationsfelder im gesellschaftlichen und moralischen Kontext inhaltlich und formal neu begreifen und einen neuen Orientierungsraum bieten. Gerade Inhalte der Jugendkulturarbeit und einer erweiterten Jugendsozialarbeit, im kommerzialisierten bzw. privatisierten Sektor, sollten verstärkt in Angriff genommen werden; nur durch die Kooperation wird es künftig möglich sein, diesen einseitigen Entwicklungen und der Gefahr der Auseinanderentwicklung, der Trennung von Körper und Seele, entgegenzusteuern. Die volle Entfaltung der Persönlichkeit und des Gefühles ihrer Würde sind das Maß gelungener Bildung. Nur durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit aller, d.h. Schule, Familie, Politik, Wirtschaft, Vereine, Organisationen, Kirche, Jugendarbeit, etc.), durch angemessene Formen des sozialen Umgangs, der gegenseitigen Rücksichtnahme, der Kommunikation in der Gruppe, einer gemeinsamen Interessenvertretung und Mitverantwortung für die Belange anderer und die Offenheit gegenüber innovativen Konzepten und Versuchen, kann eine positive Änderung erreicht und die Lücke zwischen dem lebensfernen, zweckrationalen Unterricht und der fehlenden Erziehungskraft der Lebenswelt der Schüler verringert werden. Das Konzept der "Interkulturellen Erziehung" soll im Anschluß im ersten Kapitel vorgestellt und diskutiert werden, im zweiten werden Wege einer offenen Kunstpädagogik aufgezeigt, welche Versuche und Ansätze der Kunstpädagogik, der Kunsttherapie und des Konzepts der "Kreativen Rezeption" von Mann, Schröter und Wangerin näher zusammenrücken. Des Weiteren sollen neue Möglichkeiten der Zielerreichung von Interkultureller Erziehung mittels dieser "offenen Kunstpädagogik" transparent gemacht werden, deren Chancen in einer stärkeren Einbeziehung von Inhalten und Methoden ihrer Verbindung liegen. Die Kunst ist ein Mittel die zentralen Gedanken der Interkulturellen Erziehung umzusetzen, um einen Beitrag zu leisten zu einer wechselseitigen Anerkennung des jeweils "Fremden". In dem Prozeß des Gestalterischen geht es um den Ausdruck einer eigenen Formensprache und das Suchen nach Berührungspunkten unter den zusammenarbeitenden Menschen; in diesem Prozeß des Austauschens geht es um Integration nicht um Anpassung. Kooperieren also im Sinne von Sicheinlassen, meint Begegnen, Verbindlichkeit und Kommunikation, entwickelt im Prozeß individueller und gemeinschaftlicher Arbeitsverläufe. Kooperieren heißt in Beziehung treten, die Grenzen zwischen dem jeweils "Eigenen" und dem "Anderen", "Fremdem" aufzuspüren, durchlässig zu machen und im künstlerischen Prozeß eine gemeinsame Sprache zu entwickeln, die das Andere als jeweils Eigenes respektiert und gleichzeitig einen neuen, gemeinsamen Raum eröffnet. Wie im künstlerischen Schaffensprozeß wird auch das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen von einem Streben nach Balance nach einem dynamischen Gleichgewicht bestimmt, es geht also um die Suche und das Bemühen, im schöpferischen Tun Grenzen aufzuheben und den Schaffenden zu einem Teil eines Ganzen werden zu lassen, so wie das Kind, während es spielt, identisch ist mit dem Spiel und mit alledem, was es verkörpert. Das Streben nach diesem Gleichgewicht bestimmt den künstlerischen Prozeß; nach Pinchas Noy sucht der Künstler die Form, die es ihm durch ihre innere Ordnung, ihre Harmonie und ihre Balance ermöglicht, sich im Einklang mit der Ewigkeit, dem kosmischen Gesetz zu fühlen. "Kunst ist nur ein Mittel, um dieses ewige Gleichgewicht zu erreichen. Wir müssen ein konkretes Gleichgewicht entdecken und schaffen. Wissenschaft, Philosophie, alle abstrakten Schöpfungen wie die Kunst Sind Mittel, um dieses Gleichgewicht zu erreichen." (Piet Mondrian)
Note:
Diplomarbeit Eberhard-Karls-Universität Tübingen 1999
Language:
German
Keywords:
Hochschulschrift
URL:
Volltext
(lizenzpflichtig)
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