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Content:
Francis, homosexuell und intellektuell, und Marie, ebenso eloquent wie zynisch, sind seit langem befreundet. Die jungen Leute genießen in Montreal das unbeschwerte Singleleben zwischen Second-Hand-Shoppen, Studieren und Partys. Dabei lernen sie Nicolas kennen, einen engelhaften, blonden Lockenkopf, der beider Fantasien in gleichem Maße erregt. Sie verbringen zu dritt viel Zeit miteinander, und letzten Endes verlieben sich beide in ihn. Um dem Schönling zu gefallen, überbieten sie sich in Gunstbezeigungen, die ihr (sexuelles) Objekt der Begierde zwar gerne annimmt, die zwei aber auch hinhält. Ihre enge Freundschaft stellt dies auf eine harte Probe. Xavier Dolan, seit I killed my Mother (Kanada 2009) als "Regiewunderkind" gehandelt, inszeniert in seinem zweiten Spielfilm eine Menage à trois. Hatte sein mit 19 Jahren gedrehter Erstling noch viel Autobiografisches, Düsteres, beschreibt Herzensbrecher stilbewusst und verspielt die Freundschaft zwischen Francis und Marie und deren leidenschaftlich-ratlose Schwärmerei für Nicolas. Mit zahlreichen filmischen Referenzen setzt Dolan sich selbst (als Francis) und seine schönen Mitschauspieler/innen in Szene: Extreme Close-Ups richten die Aufmerksamkeit auf Francis und Marie, die in ihrem Retrolook stellenweise wie Doppelgänger von James Dean und Audrey Hepburn erscheinen. Slow-Motion und das zentrale Motiv der Filmmusik, Dalidas spanische Version von Chers "Bang Bang" aus dem Jahr 1966, verstärken den Eindruck einer schwebenden Zeitlosigkeit des Geschehens. In dokumentarischem Kontrast dazu stehen Interviewpassagen, in denen einige Nebenfiguren direkt in die Kamera von ihrem Liebeskummer erzählen. Inwiefern sich die Jugendliche mit ihren eigenen Liebessehnsüchten und Ńängsten in den Filmfiguren wiederfinden, könnte ein interessanter Diskussionsansatz sein: Marie, Francis und Nicolas sind zu cool, um ihre Gefühle zu offenbaren und schützen sich vor möglichen Verletzungen durch Unverbindlichkeit und Flucht in Fantasien. Der Originaltitel "Les amours imaginaires" (Die eingebildeten Liebschaften) bringt dies auf den Punkt. Spannende Analysemöglichkeiten finden sich jedoch auch in den versatzstückhaften filmhistorischen Referenzen, den Anklängen an Klassiker der Nouvelle Vague wie Jean-Luc Godards Außer Atem (A bout de souffle, Frankreich 1960) und Jules und Jim (Jules et Jim, François Truffaut, Frankreich 1962). Hier ließe sich die Frage aufgreifen, auf welche Weise solche Filmzitate von Xavier Dolan zu einer ganz eigenen Geschichte montiert werden. (kinofenster.de)
Note:
Orig.: Kanada, 2010
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Altersempfehlung: ab 15 J.
In:
I killed my mother : Xavier Dolan, die Box, Berlin, ©2013, (2013)
Language:
German
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