UID:
kobvindex_DGP1644061740
Umfang:
graph. Darst., Tab., Lit.Hinw.
ISSN:
0340-1758
Inhalt:
Mit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag ist in der Bundesrepublik Deutschland erstmals auf Bundesebene eingetreten, was letzte Konsequenz des demokratischen Instituts der Wahl als Bestellung von Herrschaft auf Zeit ist. Der Entscheidungsdruck der Wähler zwischen "Weiter so" und Wechsel ließ die Wahlbeteiligung steigen und spitzte sich auf die Alternative zwischen den Kanzlerkandidaten Helmut Kohl und Gerhard Schröder mit ihrer unterschiedlichen symbolischen Ausstrahlung zu. Nach sechzehn Jahren Amtszeit trauten die meisten Wähler dem christlich-liberalen Regierungsbündnis nicht mehr die politische Kompetenz für die gewünschte Zukunftsgestaltung zu. Mit dem Werben um die Neue Mitte, einer Wiederauflage des 1972 erfolgreichen Wahlkampfkonzepts unter Willy Brandt, gelang der SPD 1998 erneut der Durchbruch. Ähnlich wie damals schmiedete sie eine Allianz zwischen ihren Traditionswählern und dem bürgerlichen, aufstiegsorientierten Milieu. Damit traf die SPD besser als die Union thematisch den Nerv der Wählermotivationen. Die Regierungsparteien waren 1998 - ähnlich wie 1994 - aus der Defensive heraus in den Wahlkampf gezogen. Der konstante Wille zum Wechsel verhinderte 1998 aber einen Last-Minute-Swing zugunsten der christlich-liberalen Koalition und erlahmte auch nicht. Hinzu kam, daß die Union kein schlüssiges, auch die eigenen Reihen überzeugendes Wahlkampfkonzept entwickelte, während die SPD einen modernen Wahlkampf nach amerikanischem Vorbild führte. Unterstützt wurde sie dabei von der Mehrheit der Massenmedien, die in ihrer überwiegenden Mehrheit für den voraussichtlichen Sieger Schröder Partei ergriffen, zumindest aber Sympathie für einen politischen Wechsel erkennen ließen. Darüber hinaus haben strukturelle Faktoren 1998 wichtige Spuren hinterlassen: Die Union hat die jahrelange Schleifung ihrer Hochburgen im katholisch-ländlichen Milieu und auch unter ihrer treuesten Klientel, den Frauen über sechzig Jahre, 1998 nicht stoppen können. Die ihr 1990 noch klar zugeneigte Arbeiterschaft im Osten hat sich schrittweise abgewendet, im Lager der Angestellen haben die Christdemokraten die Vormachtstellung an die SPD eingebüßt. Die Wahlergebnisse streuen breit vor allem nach Bundesländern, die damit als eigenständige Einheiten politischer Einflußgrößen stärker in Erscheinung traten. Die beiden deutschen Elektorate gehen nach wie vor getrennte Wege, die Diskrepanz nimmt sogar noch zu. Irritierbar waren die Wähler in der Frage der gewünschten Koalition. Das herbeigewählte Ergebnis Rot-Grün entsprach nicht den vorwiegenden Präferenzen, die stärker bei einer Großen Koalition lagen. (Zeitschrift für Parlamentsfragen / FUB)
In:
Zeitschrift für Parlamentsfragen, Baden-Baden : Nomos-Verl.-Ges., 1969, 30(1999), 2, Seite 215-251, 0340-1758
Sprache:
Deutsch
Bookmarklink