Uta
Störmer-Caysa
Susanne
Bürkle: Literatur im Kloster. Historische Funktion und
rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14.
Jahrhunderts (Bibliotheca Germanica 38). Tübingen,
Basel: Francke 1999. 368 S. Geb. DM 138,-.
Zu besprechen
ist hier die Aachener Dissertation einer Autorin, die von
Ursula Peters viel gelernt hat: die Vorsicht gegenüber
den gemeinen Ansichten der Forschung, die Genauigkeit in
der begrifflichen Fassung und im historischen Detail, die
stete Rücksicht auf den lebensweltlichen Ort von
Schreiben, Redigieren und Abschreiben mystischer Texte;
leider nicht in gleichem Maße den schlanken und
treffsicheren Satzbau und Stil.
Was
ist 'fraulich' an Frauenmystik?
Susanne
Bürkle stellt sehr zu recht grundsätzliche Fragen: Was
Frauenmystik sei, bestimmt sich ja wesentlich durch eine
geschichtlich entstandene Übereinkunft der Forschung.
Beide Bestandteile des Ordnungsnamens müssen geprüft
werden: In welchem Sinne sind diese Texte mystisch (was
ja eine inhaltliche Qualität bedeutet), und worin folgen
sie nur gattungshaften (z.B. hagiographischen,
berichtenden, chronistischen, biographischen)
Texttraditionen? Und was ist 'fraulich' an dieser
Frauenmystik gibt es im Text selbst etwas, was sie
gegenüber anderen mystischen Texten heraushebt? Susanne
Bürkle
ist darin nicht die erste, 1 aber sie fragt
bemerkenswert konsequent und immer für bestimmte Texte.
Über das Korpus wird man auf diese Weise auch dann gut
unterrichtet, wenn man eine theoretische Ansicht nicht
teilt.
Die Arbeit ist
in vier große Abschnitte gegliedert. Im ersten wird die
Forschungsdiskussion referiert (S. 9-56). Der zweite
fragt, ob und inwieweit die cura monialium im
Dominikanerorden zum hermeneutischen Schlüssel für
frauenmystische Texte tauge (S. 57-158). Der dritte
untersucht Verfertigungsstrategien und ordensinterne
Funktionen von Nonnenviten (S. 159-258). Der vierte
beschäftigt sich mit dem Christine-Ebner-Korpus (S.
259-316). Den historischen Brennpunkt bildet in allen
Kapiteln das Kloster Engelthal im 14. Jahrhundert; die
allgemeinen Aussagen werden hauptsächlich an Engelthaler
Beispielen und Texten entwickelt und mit Vergleichen
abgesichert.
Klosterliteratur
als kulturelle Selbsterfindung
Der
Forschungsüberblick zu Beginn wird von einem geläufigen
Bauplan für akademische Qualifikationsschriften
vorgeschrieben. Susanne Bürkle erklärt in diesem
Abschnitt, was sie unter der titelgebenden historischen
Funktion von Texten verstanden wissen will, nämlich im
wesentlichen die rezeptionsästhetische Kategorie, die
sie bei Wolfgang Iser vorfand (vgl. S. 14). Sie
übersetzt sie sich im umfassendsten Sinn und erklärt
zum Ziel ihrer Untersuchung "die Frage nach den
Voraussetzungen und Motivationen für 'literarische
Anstrengungen' mit der Frage nach der programmatischen
Konzeption der Texte zu koppeln" (S. 14-15). Wie die Kopplung aufgefaßt
wird, erklärt die Absicht, Heinzles Begriff des
Interesses 2 "in einen weniger
mechanistischen Funktionsbegriff zu überführen"
(S. 13), noch nicht; erst im Laufe der Untersuchung zeigt
sich, daß die Autorin die Vitenliteratur der
Dominikanerinnen als einen Akt der kulturellen
Selbsterfindung sieht, als bewußte Traditionsstiftung im
Bewußtsein, an der offiziellen Schriftkultur des Ordens
(gelehrt und lateinisch) nicht partizipieren zu können.
Das hätte
hier gleich erklärt werden können, aber natürlich
Angriffsfläche geboten. Susanne Bürkle ist
vorsichtiger. Sie erklärt nicht, was eine
programmatische Konzeption ist. Ich verstehe sie als
etwas wesentlich Intentionales und folgere daraus, daß
Bürkle eine Intention funktional auffaßt, nach dem
Vorbild der russischen Formalisten, die das Anknüpfen an
die literarische Reihe so gesehen haben; die Rede von der
programmatischen Konzeption ist also eine Aussage
darüber, wie Texte sich an die Gattungstradition
anknüpfen (oder nicht anknüpfen).
Verknüpfung
von Forschungsgeschichte und Methodenbestimmung
Jedoch bleibt
mir unklar: Gibt die funktionale Eignung, die im Text
steckt, nicht immer nur den nächsten vorhersehbaren
Gebrauch wieder? Kann man vom Überlieferten aus
unterscheiden, was davon im ersten Plan zum Text
enthalten war, was hingegen ein Redaktor zugefügt hat?
Oder kann auch ein Redaktor, vielleicht unter bestimmten
Umständen sogar nur ein Redaktor, eine programmatische
Konzeption entwickeln? Auf welcher Ebene der
Textgeschichte liegt eigentlich die programmatische
Konzeption? Ich habe das Korpus nicht selbst
durchstudiert und frage danach nicht, weil ich es besser
wüßte, sondern weil ich die insgesamt gelungene
Verknüpfung von Forschungsgeschichte und
Methodenbestimmung in dieser wichtigen Einzelheit gern
besser verstanden hätte. Bürkle hat, auch das ist ein
geläufiges Fertigungsmuster für wissenschaftliche
Texte, von den Standpunkten der Gestandenen aus
argumentiert und damit Einblick bewiesen; mir ging bei
der Lektüre die Weisheit der mittelalterlichen Regel
auf, keinen lebenden Autor zu zitieren.
Das besondere
Verdienst des zweiten Kapitels "Seelsorge und
Spiritualität. Ordensspezifische Modalitäten
frauenmystischer Literaturproduktion im 14.
Jahrhundert?" (S. 57-157) liegt in der
Rekonstruktion tatsächlicher cura monialium aus den
Quellen. Daß mehrere Beichtväter in einem Kloster
untereinander konkurrieren konnten (S. 78) und der Orden
daraufhin die Klosterfrauen zu hindern suchte, einen
bestimmten Beichtiger vorzuziehen (S. 80); wie weit die
Befugnis der Kapläne ging und wie schwer deren
Lebensordnung zu beschreiben war (S. 91-103, S. 131-157)
das alles sind außerordentlich wichtige Bausteine zum
Verständnis der cura monialium.
Die
cura monialium als Erfahrungshorizont der Theologen des
Ordens
Warum die
Autorin allerdings nahezu jede voraufgegangene Verwendung
des leistungsfähigen Erklärungsmusters als Mißbrauch
und Mißverständnis darstellt (S. 57- 71), verstehe ich
nicht. Schließlich ist die cura monialium als
Erfahrungshorizont der Theologen des Ordens nicht
abzustreiten, trotz aller Arbeitsteilung. Ihre Bedeutung
wird mit der Unwahrscheinlichkeit stabiler, personaler
Betreuungsverhältnisse doch nicht geschmälert. Meister
Eckhart hätte nicht einmal selbst in einem Nonnenkloster
gewesen sein müssen, um die Aufgabe zu kennen, die für
die Theologie seines Ordens entstanden war, und um seine
Theologie danach auszurichten (niemand nimmt z.B. an,
Thomas von Aquin müsse stabile Verbindungen zu
bestimmten Kaufleuten gepflegt haben, um sich die
Aufgaben einer modernen städtischen Ethik erklären zu
lassen). Deshalb ist Otto Langer 3 kein Gegner
irgendeiner wichtigen These von Susanne Bürkle; hier ist
(z.B. S. 62) der Eifer der Selbstbestimmung durch
Abgrenzung mit ihr durchgegangen. Und die Umkehrung der
cura monialium-These zu bekämpfen heißt, gegen
Gespenster anzutreten: Wer hätte in den letzten
50 Jahren je die cura monialium zur Wirkursache von
Frauenmystik erklärt (so S. 67)? 4
Heinrich
von Ekkewint und Berthold von Moosburg
Aber die
Quellenrecherchen über Heinrich von Ekkewint und
Berthold von Moosburg versöhnen sofort wieder mit dem
Kapitel. Wenn Berthold von Moosburg, ein bedeutender
philosophischer Kopf, im Schrifttum eines Nonnenklosters
zum Träger des Topos wird, weinend eine Messe gefeiert
zu haben, andächtig wie der hl. Nikolaus selbst, dann
haben die Frauen in der Erwähnung ihre Kennerschaft
unter Beweis gestellt und dem Orden gleichzeitig
bestätigt, daß seine Theologie ihrem Leben zugewandt
sei. Die prägnante Auswertung S. 130 verschenkt die
Bedeutung dieses gegenseitigen Verweises nicht und
spricht von literarischer "Interaktion" im
"Sinne eines [...] bedeutungsverleihenden Aktes, der
zugleich der Reputation des Klosters wie der
Auratisierung, beinahe schon der literarischen
Hagiographisierung des Predigers dient". Das ist
eine wichtige Passage, nach deren Lektüre man sich
fragt, warum man zu den Voraussetzungen solcher
Interaktion nicht ohne Gewissensbisse cura monialium
sagen dürfe aber gleichviel: Hier wie überall ist die
Untersuchung glänzend in den eigenen, aus dem Material
gearbeiteten Ergebnissen, die ihre Selbständigkeit in
sich tragen und gelegentliche schiefe Abgrenzungen von
Vorleistungen durchaus hätten entbehren können.
Das dritte
Kapitel "Immanente Poetik und rhetorische
Legitimation frauenmystischer Texte im Kontext
dominikanischer Vitenliteratur" (S. 159-258) greift
terminologisch recht hoch. Für die rhetorischen Muster
"erstens [...] Quellenberufung", "zweitens
[...] Wahrheitsbeteuerung" und "drittens [..]
Belehrungsabsicht", die Bürkle S. 170 als die
"'literaturtheoretischen' Überlegungen zum
Schreiben" zusammenfaßt, ist "Poetik"
doch wohl zuviel Ehre. Auch die Frage nach 'Vitae matrum'
(S. 162) als einer weiblichen Linie der Hagiographie
(vgl. S. 176) klingt besser, als sie trifft. Gleichwohl
stehen auch in diesem Kapitel einige gut abgeleitete und
ohne weiteres zitierfähige Sätze, z.B. "Aus dem
kulturellen Gedächtnis des Ordens bleiben sie [die
Schwesternbücher] ausgegrenzt. Zumindest aus dem
Blickwinkel der von der Ordensleitung angeregten und
beförderten Texte werden die Vitenkompilationen der
Nonnen ganz offensichtlich nicht einmal in lateinischer
Form unter diese hochoffizielle Ordensliteratur
subsumiert." (S. 170)
Das Bemühen
um Offizialität und Traditionsstiftung für den
weiblichen Zweig und den eigenen Konvent kann die Autorin
jedoch nachweisen (S. 179-192). Sie stellt eine
Verbindung von Gründungslegende und Viten fest, die im
14. Jahrhundert in die Konzeption der Schwesternbücher
eingeht und im 15. Jahrhundert für die Gattung erwartet
werden kann (S. 180). Die beiden letzten Abschnitte des
Kapitels (S. 193-258) befassen sich vor allem mit der
Autorschaft an den Viten und mit der Autorrolle in der
Vitenliteratur. Sie setzen sich gleichzeitig mit
Geschlechterrollen und -stereotypen in den untersuchten
Texten auseinander.
Die
Mystikerin als Gegenstand der Selbststilisierung der
Hagiographen
Susanne
Bürkle arbeitet heraus, wie die Mystikerin in der
lateinischen Vitenliteratur auch zum Gegenstand der
Selbststilisierung der Hagiographen werden kann (der
gelehrte Mann unterstellt sich demütig der erleuchteten,
ungebildeten Frau, S. 222f.) und wie die Autorrolle dem
Hagiographen ein gesprächiges reflektierendes Ich
erlaubt, das anders unter Verdacht stünde (S. 229).
Demgegenüber sei in der deutschen Vitenliteratur die
Autorenrolle als "der Part der unautorisiert,
inoffiziell Schreibenden" aufgefaßt und
ausgestaltet (S. 244). Die Zuschreibung des Engelthaler
Nonnenbuchs an Christine Ebner in einer Hs. scheint dagegen zu sprechen. Sie entsteht nach Bürkle,
anders als für Ringler, 5 aber in methodischer
Anlehnung an Grubmüllers Analyse des Schwesternbuchs von
Töss, 6 außerhalb Engelthals
und im Sinne der literarischen Konstruktion einer
Autorfigur (S. 249-58).
Das letzte
Kapitel über das Christine-Ebner-Korpus beginnt (S.
259-272) mit Erwägungen zu den Gattungen Heiligenvita,
Nonnenbuch und Offenbarungen (die diffuse Bezeichnung
'frauenmystischer Einzeltext' S. 259ff. soll sicher
Mißverständnisse ausschließen, schließt aber auch das
Verständnis des Gemeinten aus). Die Autorin stellt als
kennzeichnendes Merkmal der volkssprachlichen Viten und
Offenbarungen deren "konzeptionelle Offenheit"
und "prinzipielle Unabgeschlossenheit" heraus
(S. 268). Das mag aufs Ganze gesehen stimmen, aber die
angeführten Beispiele überzeugen nicht ganz:
Bibelstellen nur anzuzitieren und mit etc. zu beenden ist
ja ganz üblich, im Lateinischen wie im Deutschen (S. 268
als Indiz der Unabgeschlossenheit der 'Gnadenvita'). Und
Mechthilds 'Fließendes Licht' (S. 268 als Beispiel
angeführt) scheint einen Schluß gehabt zu haben, der
jedoch anschließend überschrieben worden ist das
ist eine andere Sachlage.
Daß die
Erwähnung des heiligmäßigen Todes als
Gattungskriterium in Frage kommt (S. 270), hat mich nicht
völlig überzeugt. In den Einzelanalysen zum Korpus (S.
272-316) habe ich mich dankbar belehren lassen. Ob die
Parallelen zu den noch nicht edierten Offenbarungen
Elsbeths von Oye (Überlieferung in zwei Fassungen: als
Einzeltext und als Teil eines Schwesternbuches, S. 281)
richtig sind, kann ich nicht beurteilen. Eine Kleinigkeit
noch: Ob eine Schwester 67 oder 69 Jahre alt genannt
wird, scheint mir für eine Zeit ohne Geburtsurkunden
keinerlei Folgerung zu tragen (aber S. 293).
Gelungene
Studie zur Vitenliteratur
Das Buch ist
ein gelungener Überblick über Forschungsprobleme und
Quellenlage zur Vitenliteratur; es bringt dazu
Neues und Bedenkenswertes. Die Schlußbemerkung (S.
317) ist sehr kritisch gegenüber der Geschlossenheit
der Arbeit und hinsichtlich der Fragestellungen;
zurückblätternd, konnte ich die Brüche, die die
Autorin am Ende einer langen Arbeitszeit offenbar gesehen
hat, im Buch nicht finden. Man muß die Ansichten von
Susanne Bürkle nicht teilen, aber sie sind nirgends
läppisch. Das Christine-Ebner-Korpus sei das weibliche
Gegenstück zur 'Vita' Seuses, so faßt die Autorin ihre
Auffassung zum wichtigsten untersuchten Textverbund
zusammen (S. 319). Das ist eine ansprechende These und
die Diskussion wert.
Abschließend
ein Ceterum censeo: Dieses Buch enthält zu viele
unberichtigte Irrtümer, darunter auch einige, die man
einem Nichtfachmann wahrscheinlich als Fehler
unterstellen würde. Das ist für eine so sorgfältig
recherchierte Arbeit sehr schade. Jeder kennt das
Problem, ich werfe keinen Stein. Wir brauchen wieder
Korrektoren an den wissenschaftlichen Verlagen.
Uta Störmer-Caysa
Universität Erlangen
Institut für Germanistik
Bismarckstr. 1
D-91054 Erlangen
Ins Netz gestellt am 12.10.1999. Update10.04.2001
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Anmerkungen
1 Vgl. Kurt Ruh,
Geschichte der abendländischen Mystik. Bd. 2:
Frauenmystik und Franziskanische Mystik der Frühzeit.
München: Beck 1993, bes. S. 17-21; Siegfried Ringler:
Viten- und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des
Mittelalters. Zürich, München: Artemis 1980 (MTU 72),
bes. S. 3-15. Eindringlich Ursula Peters: Religiöse
Erfahrung als literarisches Faktum. Zur Vorgeschichte und
Genese frauenmystischer Texte des 13. und 14.
Jahrhunderts. Tübingen: Niemeyer 1988 (Hermaea N.F. 56),
S. 1-20; Otto Langer: Mystische Erfahrung und spirituelle
Theologie. Zu Meister Eckharts Auseinandersetzung mit der
Frauenfrömmigkeit seiner Zeit. München, Zürich:
Artemis 1987 (MTU91), bes. S. 9-20. zurück
2 Dazu seit Joachim
Heinzle: Geschichte der deutschen Literatur von den
Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit. II.2: Vom hohen zum
späten Mittelalter. Wandlungen und Neuansätze im 13.
Jahrhundert. Königstein/Taunus: Athenäum 1984: Jan-Dirk
Müller: Zu einigen Problemen des Konzepts 'Literarische
Interessenbildung'. In: J. Heinzle (Hg.): Literarische
Interessenbildung. DFG-Symposion 1991. Stuttgart, Weimar:
Metzler 1993, S. 365-384; Joachim Heinzle: Literarische
Interessenbildung im Mittelalter. Kleiner Kommentar zu
einer Forschungsperspektive. In: Eckhart Conrad Lutz
(Hg.): Mittelalterliche Literatur im Lebenszusammenhang.
Ergebnisse des Troisième Cycle Romand 1994. Freiburg
(Schweiz): Universitätsverlag 1997, S. 79-93. Die
Diskussion ist referiert bei Bürkle S. 11-13.
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3 Das
Frage-Antwort-Modell seines Eckhart-Buches (vgl. Anm. 1)
räumt, wie ich lese, der Frauenmystik durchaus eine
Eigenbedeutung ein, denn was man nicht ernstnimmt, darauf
versucht man keine theoretische Antwort zu finden. Ob
Langer die Viten zu tatsächlich gelesen hat (so Bürkle
S. 42), will ich nicht beurteilen. Jedenfalls hätte das
Gegenteil, nämlich in der Vitenliteratur die
gattungshaft verfestigten Literaturtechniken zur
Beschreibung weiblicher Heiligkeit zu sehen, nicht das
mindeste an den Folgerungen geändert: Techniken der
Verfertigung von Heiligkeit konnten und mußten, ob nun
als falsche Rede über eine richtige Sache oder als eine
Rede, die durch die falsche Sache falsch wird, in jedem
Fall Anlaß zur Auseinandersetzung sein. zurück
4 Den unterstellten
doppelten Kurzschluß, nämlich von der cura monialium
des Ordens auf konstante persönliche
Betreuungsverhältnisse von Beichtvätern und
Mystikerinnen und weiter auf eine einsinnig bestimmte
Umsetzung ins Medium Schrift, habe ich in neuerer
Forschung nur als denk-möglichen, abgewehrten Irrtum
gelesen, bei Ursula Peters: Religiöse Erfahrung (wie
Anm. 1), S. 5-8, aber nirgends in affirmativem Sinn.
Ohnehin geht es ja, wie die Verfasserin S. 68 richtig
schreibt, überhaupt nicht um Theorie und
Erklärungsmodelle, sondern darum, daß frauenmystische
Texte über geistliche Freunde und Berater sprechen. Das
war auch für Peters der Anstoß zur genaueren Analyse.
zurück
5 S. Ringler: Viten- und
Offenbarungsliteratur (wie Anm. 1), S. 88. zurück
6 Klaus Grubmüller: Die
Viten der Schwestern von Töß und Elsbeth Stagel.
Überlieferung und literarische Einheit. In: ZfdA 98
(1969), S. 171-204. zurück
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