Dokument: Das akute Kompartmentsyndrom nach gynäkologischen Operationen in Steinschnittlage: Intrakompartimentale Druckveränderungen in Abhängigkeit von OP-Dauer und Lagerung

Titel:Das akute Kompartmentsyndrom nach gynäkologischen Operationen in Steinschnittlage: Intrakompartimentale Druckveränderungen in Abhängigkeit von OP-Dauer und Lagerung
Weiterer Titel:Compartment syndrome after gynecologic operations: compartment pressure changes in dependence on duration of the surgery and intraoperative positioning
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=29838
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20140722-104739-2
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Koch, Nicolina [Autor]
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Dateien vom 26.06.2014 / geändert 26.06.2014
Beitragende:Priv.-Doz. Dr. med. Markus Fleisch [Gutachter]
Prof. Dr. Flohé, Sascha [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Einleitung: Das akute Kompartmentsyndrom (AKS) der unteren Extremität ist eine seltene aber gravierende Komplikation nach langdauernden gynäkologischen Operationen in Steinschnittlage. Eine Verzögerung der Diagnosestellung und des Therapiebeginns kann fatale Folgen für die Patientin haben. Wird der Circulus vitiosus aus intrakompartimentaler Druckerhöhung mit konsekutiver Perfusionsstörung, Kapillarlecksyndrom, intra- und extrazellulärem „third space“-Ödem und Reperfusionsverletzung nicht frühzeitig unterbrochen, drohen irreversible lokale und systemische Schäden. Diese reichen vom lebenslangen Funktionsverlust der betroffenen Extremität bis hin zur Notwendigkeit der Amputation, im schlimmsten Fall zum Tod der Patientin im Multiorganversagen. Auch für den Operateur ergeben sich möglicherweise forensische Konsequenzen. Dennoch werden Patientinnen im klinischen Alltag präoperativ nicht routinemäßig über diese Komplikation aufgeklärt.

Ziel: Untersuchung von Inzidenz, Begleitumständen und Konsequenzen des AKS der unteren Extremität nach gynäkologischen Operationen in Steinschnittlage.

Material und Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche in PubMed im Hinblick auf relevante Publikationen im Zeitraum zwischen Januar 1990 und März 2013 durchgeführt. Parallel wurde ein standardisierter Fragebogen an alle 168 gynäkologischen Abteilungen in NRW versandt. Zudem wurden AKS Fälle, die zwischen 2002 und 2012 bei der Schlichtungsstelle der AEKNO eingereicht wurden, analysiert. Ergänzend wurden invasive Druckmessungen bei 12 gynäkologischen Operationen in Steinschnittposition mit einer angesetzten Operationsdauer >3 Stunden durchgeführt.

Ergebnisse: 59 Fragebögen (35%) wurden zur Auswertung zurückgesendet. 21 Fälle eines AKS wurden berichtet, was einer Inzidenz von 0,067% bis 0,28% entspricht. Das heißt 1-3 Frauen bei 1000 gynäkologischen Eingriffen mit einer Operationsdauer >3 Stunden erleiden ein AKS. Alle Fälle traten nach Operationen in Steinschnittposition auf. 57,1% nach laparoskopischen Eingriffen und 76,2% nach Operationen mit einer Dauer >4 Stunden. 4 Fälle (19%) hatten juristische Folgen. 6 Patientinnen (28,6%) leiden unter bleibenden Schäden.
Bei der Schlichtungsstelle der AEKNO wurden im untersuchten Zeitraum 9 Fälle eines AKS nach gynäkologischen Eingriffen in Steinschnittlage bearbeitet. Die durchschnittliche Operationszeit betrug ca. 6 Stunden (354,1 Minuten). 4 Patientinnen wurden laparoskopisch und 4 Patientinnen über konventionelle Laparotomie operiert. In einem weiteren Fall wurde intraoperativ von einer Laparoskopie auf eine konventionelle Laparotomie umgestellt. In 6 Fällen (66,7%) war Schmerz das erste Symptom, in 3 Fällen (33%) Parästhesie und Taubheit. Eine Notfallfasziotomie wurde in 7 Fällen (77,8%) durchgeführt. Die Kommission entschied, dass in 5 der 9 Fälle (55,6%) eine Fehlbehandlung aufgrund einer verzögerten Diagnosestellung oder Unterlassung präventiver Maßnahmen vorlag.
In Übereinstimmung mit der durchgeführten Literaturrecherche belegen die Ergebnisse aus Umfrage und Auswertung der AKS Fälle die Assoziation des KS mit gynäkologischen Operationen >3 Stunden in Steinschnittlage. Die Inzidenz ist niedrig, wenn auch vermutlich unterschätzt. Obwohl gravierende Langzeitschäden für die Patientin und rechtliche Konsequenzen für den Operateur zu befürchten sind, klären derzeit nur 25% der befragten Abteilungen präoperativ über ein AKS auf. Präventive Maßnahmen ergreifen nur 37,3%.

Schlussfolgerung: Aus der Studie können folgende Empfehlungen für die klinische Praxis abgeleitet werden: Patientinnen mit einer angesetzten Operationsdauer >3 Stunden gehören zur Risikogruppe und sollten präoperativ über ein mögliches AKS aufgeklärt werden. Postoperativ ist eine engmaschige Kontrolle auf AKS Symptome erforderlich. Die Zeit in klassischer Steinschnittposition und Trendelenburg Kopftieflagerung sollte auf ein Minimum reduziert werden. Wenn möglich sind die Beine auf Höhe des rechten Vorhofs oder darunter zu platzieren. Knie- und Wadenhalter sollten vermieden, Fuß/Knöchelhalter bevorzugt werden. Auf eine adäquate Polsterung ist zu achten.
Ein hohes Maß an Aufmerksamkeit bei Pflegepersonal und Ärzten ist entscheidend um eine adäquate Prävention zu gewährleisten, schnellstmöglich eine korrekte Diagnose zu stellen und so ernsthafte Folgen für die Patientin zu vermeiden.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:22.07.2014
Dateien geändert am:22.07.2014
Promotionsantrag am:18.09.2013
Datum der Promotion:03.06.2014
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