Das Magenkarzinom ist weltweit eine führende Todesursache: Es ist die dritthäufigste Ursache der krebsbedingten Todesfälle nach dem Lungen- und kolorektalen Karzinom. Zudem stellt es die am fünfthäufigste diagnostizierte Krebsart dar. Die höchsten Inzidenzraten finden sich in Ostasien, Osteuropa und Südamerika. Seit Jahrzehnten ist in Deutschland – wie auch in anderen Industrienationen – ein stetiger Rückgang der Erkrankungs- und Sterberaten beim Magenkarzinom zu beobachten. Während die Inzidenz von Karzinomen des mittleren und unteren Magendrittels in der westlichen Hemisphäre sinkt, nimmt sie für Adenokarzinome im proximalen Magendrittel und am ösophagogastralen Übergang (AEG-Tumoren) zu [1]. Die anatomische Lokalisation des Tumorursprungs korreliert mit vorherrschenden molekularen Charakteristika der Erkrankung [2]. Im proximalen Magen entstehen überwiegend Karzinome mit chromosomaler Instabilität (CIN). Neben den häufigen p53-Mutationen treten beim CIN-Magenkarzinom auch Amplifikationen von Rezeptortyrosinkinasen wie humaner epidermaler Wachstumsfaktor 2 (HER2) auf. Der deutlich seltenere Epstein-Barr-Virus (EBV)-assoziierte Subtyp ist eher im Magenfundus- und -korpusbereich zu finden; der hypermutierte mikrosatelliteninstabile (MSI-)Subtyp in den distalen Magenabschnitten. Genomisch stabile (GS-)Karzinome werden in allen Magenabschnitten gefunden, weisen häufig einen diskohäsiven Wachstumstyp (diffuser Typ nach Laurén) und Alterationen von Adhäsionsproteinen wie Cadherin, RhoA oder Claudin-18 auf [2]. Aufgrund der biologischen Heterogenität sowie des aggressiven Wachstums- und Metastasierungsverhaltens stellt die Behandlung von Patienten mit Magenkarzinomen große Anforderungen an alle beteiligten medizinischen Disziplinen.

Mit Ausnahme klar definierter Subgruppen der Frühkarzinome, die einer endoskopischen Resektion (ER) unterzogen werden können, ist die einzige kurative Therapie bis heute die onkologische Magenresektion (totale/subtotale oder transhiatal erweiterte Gastrektomie) mit systematischer Lymphknotendissektion [3].

Das oligometastasierte Magenkarzinom ist eine besondere, interdisziplinäre Herausforderung

Trotz leitliniengerechter Chirurgie ist die Prognose oftmals schlecht, da das Magenkarzinom dazu tendiert, bereits in frühen Stadien zu metastasieren (lymphogen, hämatogen, peritoneal oder als sog. „Abtropfmetastasen“, z. B. im Sinne eines Krukenberg-Tumors). Fundierte Einblicke in die heterogenen immunhistopathologischen Charakteristika sind notwendig, um personalisierte Therapien für spezielle Patientenpopulationen zu entwickeln. Als molekulare Zielstruktur hat sich HER2 etabliert. Neue HER2-gerichtete Substanzen könnten in Zukunft die Therapielandschaft des HER2-positiven Magenkarzinoms ergänzen. Immuntherapie ist wirksam bei chemotherapierefraktären und bei MSI-Magenkarzinomen, steht in Deutschland jedoch noch nicht zur Behandlung außerhalb von Studien zur Verfügung. Nivolumab plus Ipilimumab wird jetzt als adjuvante Therapie in kurativer Intention bei unbefriedigendem Ansprechen auf eine präoperative Chemotherapie untersucht.

So steht die neoadjuvante und perioperative Therapie des Magenkarzinoms, insbesondere bezugnehmend auf aktuelle Studien und neue Biomarker, im Fokus des Beitrags von Stocker et al. Zudem wird ein Ausblick auf aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der medikamentösen perioperativen Therapie gegeben. Die Magenkarzinomchirurgie hat in den letzten 20 Jahren einen deutlichen Wandel erfahren. Weber und Mitautoren stellen ein evidenzbasiertes Update der verschiedenen Rekonstruktionsverfahren nach subtotaler Magenresektion und Gastrektomie dar. Die Therapie des oligometastasierten Magenkarzinoms stellt eine besondere, interdisziplinäre Herausforderung dar. Aufgrund der Resultate der deutschen AIO-FLOT-3-Studie, in der sich das mediane Überleben oligometastasierter Patienten mit multimodaler Therapie verdoppelte, wurde die AIO-FLOT-5(RENAISSANCE)-Studie initiiert. Jung et al. bieten eine Übersicht über die Therapieoptionen und aktuelle Studien dieser besonderen Situation der Oligometastasierung. Den Stellenwert der zytoreduktiven Chirurgie und hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC) beim peritoneal metastasierten Magenkarzinom beleuchten Gronau und Mitautoren. Abschließend wird im Artikel von Berlth et al. auf Indikation und Stellenwert der minimal-invasiven Gastrektomie sowie aktuelle technische Weiterentwicklungen eingegangen. Hier stehen die Robotik und das intraoperative Imaging beim Magenkarzinom im Vordergrund.

Ich gehe fest davon aus, dass das Themenschwerpunktheft „Update Magenkarzinom“ fundierte Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten mit innovativen Aspekten von klinischer Relevanz bietet.

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Univ.-Prof. Dr. Ines Gockel, MBA