Eine Studie zur Geschichte der wissenschaftlichen Praxis und zugleich ein Buch über die Gegebenheit der Sinne in der Erkenntnistheorie der Naturforschung des 19. Jahrhunderts.

Heutzutage werten Wissenschaftler aus und diskutieren, was von Geräten registriert worden ist. Anders stellte sich die Situation vor der technischen Aufrüstung des Beobachtungsbetriebs dar: Es gab zwar Instrumente, aber ohne Auge und Ohr ließ sich schon der Ort eines Sterns am Himmel nicht bestimmen.
Die Arbeit der Sinne wurde bereits von Beginn der modernen Naturforschung an als ein unsicherer Faktor im Erkenntnisprozeß verstanden. In den Jahren nach 1800 setzte eine neue Entwicklung ein: War bis dahin auf Methode, Übung und Vorschrift vertraut worden, wurde nun der Beobachterorganismus selbst - so wie vorher die Instrumente der Naturforschung - zum Gegenstand der Untersuchung. Dieser Umschwung brachte ein Verständnis der Sinne als Akteure eigener Ordnung mit sich, wie es die Physiologen jener Tage im Begriff des Sinnesapparates zu fassen versuchten.

Zur Reihe:
Die Wissenschaftsgeschichte verstand sich lange Zeit als eine Art Gedächtnis der Wissenschaften. Heute sucht sie ihren Platz in der Kulturgeschichte und sieht ihre Aufgabe nicht zuletzt darin, Brücken zwischen den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften zu bauen. Die Formen, in denen dies geschieht, sind keineswegs ausgemacht. Sie sind Gegenstand eines großen, gegenwärtig im Gange befindlichen Experiments. Die historische Einbettung der wissenschaftlichen Erkenntnis, der Blick auf die materielle Kultur der Wissenschaften, auf ihre Objekte und auf die Räume ihrer Darstellung verlangt nach neuen Formen der Reflexion, des Erzählens und der Präsentation. Die von Michael Hagner und Hans-Jörg Rheinberger herausgegebene Reihe »Wissenschaftsgeschichte« versteht sich als ein Forum, auf dem solche Versuche vorgestellt werden.