St. Diller (Hg.): Kaiser Karl V. und seine Zeit

Titel
Kaiser Karl V. und seine Zeit. Katalog zu den Ausstellungen der Bibliothek Otto Schäfer, Schweinfurt, des Stadtarchivs Schweinfurt sowie des Fördervereins und der Forschungsstiftung für vergleichende Europäische Überseegeschichte, Bamberg


Herausgeber
Diller, Stephan
Reihe
Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt 14; Schriften der Museen der Stadt Bamberg 42; Beiträge zur Geschichte und Kultur der Neuzeit 1
Erschienen
Anzahl Seiten
219 S.
Preis
€ 25,00
Jürgen K. Schmitt, Carl Link / Deutscher Kommunalverlag

Das Jahr 1500 markiert nach einer - zugegebenermaßen etwas statischen - Konvention in der Geschichtswissenschaft den Beginn der Neuzeit. Es ist auch das Geburtsjahr Kaiser Karls V., der damit schicksalhaft die schwere Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit symbolisiert. Vom 12. März bis 11. Juni diesen Jahres hat die Otto Schäfer Bibliothek in Verbindung mit dem Stadtarchiv Schweinfurt, dem Förderverein und der Forschungsstiftung für vergleichende Europäische Überseegeschichte eine Ausstellung zu Karl V. und seiner Zeit gezeigt, die vom 15. Juli bis 15. Oktober auch im Historischen Museum in Bamberg zu sehen sein wird.

Der Ausstellungskatalog gliedert sich in vier Hauptteile. Im ersten Teil (Die Casa d'Austria im Porträt) entwirft der Organisator der Ausstellung und Herausgeber des Ausstellungskataloges, Stephan Diller (Kaiser Karl V., "das >Produkt< eines unwahrscheinlichen, weltgeschichtlich seltenen dynastischen Zufalls" (S. 11-15)), von Karl V. das Bild einer sehr zwiespältigen Persönlichkeit, die schon im Alter von 7 Jahren in verschiedene, von seinen Familien ererbte Herrscherwürden hineinwachsen musste, die wichtigsten Mitglieder dieser Familie aber zum Teil gar nicht kannte oder erst spät kennenlernte (wie seinen Vater, Herzog Philipp den Schönen, und seine Mutter, Königin Juana die Wahnsinnige). Andere Familienangehörige opponierten gegen seine Herrschaftsübernahme (wie sein Großvater, König Ferdinand. und sein jüngerer Bruder Ferdinand). Und trotz oder gerade wegen seiner enormen Macht war Karl V. den geistigen, sozialen und strukturellen Umwälzungen seines Jahrhunderts nicht gewachsen.

Diese Entwicklungen werden in Teil II (Reich und Reformation) näher beleuchtet. Franz Machilek (Von der Kirchenreform des 15. Jahrhunderts zur Causa Lutheri (S. 30-33)) erklärt die Geschichte des Begriffs Reformation, den er in Beziehung zu anderen, seit dem Mittelalter gebräuchlichen Begriffspaaren für Reformen wie "renovatio", "correctio", "conversio" etc. setzt. Die Reformation wird nach seinen Ausführungen zum Kulminationspunkt der kirchlichen Reformbestrebungen seit dem Spätmittelalter. Den sozialen Problemen des 16. Jahrhunderts ist Rudolf Endres' Aufsatz "Der deutsche Bauernkrieg" (S. 42-44) gewidmet, während Walter Kellers Thema "Der Reichstag von 1530: Der Versuch Karls V., die Kirchenspaltung zu verhindern" (S. 52-57) ist. Mit den Aufsätzen ""Demnach empfehlen wir Euch mit Ernst vnd Wellen […]" - Karl V. und die Reichsstadt Schweinfurt" von Uwe Müller (S.62-68) und "Das Hochstift Bamberg während der Regierungszeit Karls V." von Horst Gehringer (S. 79-85) werden die strukturpolitischen Probleme des Reichs anhand zweier fränkischer Territorien exemplifiziert.

Teil III ist der Reichspolitik und Europäischen Staatenwelt gewidmet. Der sehr interessante Beitrag von Stefan Mühlhofer: "Die Reichstage zur Zeit Karls V." (S. 108-114) und der Aufsatz von Ralf Fuchs über "Das Einungswesen zur Zeit Karls V.: Der Schwäbische und der Schmalkaldische Bund" (S. 97-103) behandeln verfassungsgeschichtliche Problemkreise. Die für das 16. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäße, geschweige denn langfristig durchzusetzende Universalidee Kaiser Karls V., an der der mächtigste Habsburgerkaiser schließlich scheiterte, beleuchten von zwei verschiedenen Seiten Andreas Edel "Um die Einheit der abendländischen Christenheit. Karl V. und Frankreich 1515-1556" (S. 119-123) und Gerald Hiltensberger ""...die Weltherrschaft erringen!" Die Idee der Monarchia unversalis zur Zeit Karls V." (126-130). Eberhard Schmitt untersucht die Gemeinschaft der ""Ritter vom güldenen Sporn": Eine Leistungselite der Zeit Karls V." (S. 136-14) und damit das Vorwirken des Ritterideals, das nicht - wie sonst immer behauptet - mit dem Mittelalter zu Ende ging, sondern in die Neuzeit fortwirkte. Diese Ritterschaft erfuhr allerdings im 16. Jahrhundert eine Umdeutung. Sie bezeichnete nicht mehr eine soziale Schicht, sondern "ausschließlich eine Würde [...], die eine eminente Auszeichnung [...] für eine militärische, administrative oder künstlerische Leistung" darstellte.

Die Aufsätze von Carsten Valet über "Plus Ultra - die überseeischen Reiche im politischen System Karls V." (S. 151-156) und Norbert Holst über "Tradition und Innovation - Weltkarten und Globen in der Zeit Karls V." (S. 169-174) begeben sich auf die Spuren des Themenkreises Karl V. und die Neue Welt. An der Konzeption des Ausstellungskatalogs besonders bemerkenswert ist, dass Aufsätze und Katalogbeschreibungen der einzelnen Ausstellungsgegenstände nicht zwei getrennte Einheiten darstellen, sondern dadurch aufeinander bezogen sind, dass die einzelnen Objekte, die thematisch zu einem Beitrag gehören, diesem jeweils nachgestellt sind. Die Beiträge umfassen auch wichtige Literaturhinweise. Die Objektbeschreibungen sind erschöpfend und ausführlich, ohne dabei langatmig zu sein. Ein genealogischer Stammbaum Karls V., ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis, das sich nicht nur auf die Person Kaiser Karls V. sondern auch auf die Geschichte seiner Zeit und des Reiches im 16. Jahrhundert bezieht, sowie ein Stichwortverzeichnis runden den Katalog ab.

Damit ist dieses Werk nicht nur primär ein Ausstellungskatalog und Führer durch die Ausstellung, sondern auch ein wichtiges Forschungsdokument und Arbeitsinstrument zu Kaiser Karl V. und seine[r] Zeit.

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