Z Gastroenterol 2016; 54(12): 1418
DOI: 10.1055/s-0042-120212
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Gastroenterologie im Meinungsbild

Prof. Dr. Peter R. Galle, Universitätsmedizin MainzContributor(s):
Peter R. Galle
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Publication Date:
13 December 2016 (online)

Die Gastro-Liga stellt in Klinik und Wissenschaft engagierten Mitgliedern drei Fragen zu früheren, aktuellen und zukünftigen Entwicklungen im Fach Gastroenterologie. Durch verschiedene individuelle Sichtweisen auf Entwicklungen in unserem Fach soll ein Meinungsbild zu Fortschritten aber auch zu Problemen in der Gastroenterologie erhalten werden.

1. Welches waren die größten Errungenschaften für Patienten mit Erkrankungen auf Ihrem Spezialgebiet?

In meinem Spezialgebiet, der Hepatologie, hat es eine Vielzahl neuer Verfahren in Diagnostik und Therapie gegeben. Vier davon möchte ich herausheben:

  1. Seit den Anfängen meiner Assistentenzeit bis heute hat sich die Lebertransplantation vom experimentellen Vorgehen zum Routineverfahren entwickelt, mit beeindruckend guten Ergebnissen. Da das Endstadium von Lebererkrankungen nach wie vor therapeutisches Brachland ist (siehe Frage 2), ist dies weiterhin der Rettungsanker für viel Patienten

  2. Die genetische Diagnostik von Stoffwechselerkrankungen wie M. Wilson oder Hämochromatose hat die diagnostische Sicherheit von Lebererkrankungen aber auch deren pathophysiologisches Verständnis bedeutsam erweitert.

  3. In meinem Studium hatte ich das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) als eine Krankheit der weniger entwickelten Länder kennengelernt, inzwischen sehe ich HCC Patienten täglich. Mit der Zulassung von Sorafenib ist das Prinzip der systemischen Therapie für diese Erkrankung Wirklichkeit geworden.

  4. Die m. E. bedeutsamste Entwicklung ist die Beschreibung des HCV Virus als Hauptursache der Non-A-non-B Hepatitis. Diese wurde damit im wesentlichen zur Hepatitis C, es folgte die Aufklärung der viralen Replikation und die Entwicklung wirksamer antiviraler Therapeutika. In weniger als einem Vierteljahrhundert wurde aus einer nebenwirkungsreichen und ineffizienten Langzeittherapie eine gut verträgliche Kurztherapie mit über neunzigprozentiger Erfolgsrate.

2. Welche Erkrankungen sollten dringend weiter erforscht werden?

Das Endstadium chronischer Lebererkrankungen, die Leberzirrhose, ist nach wie die limitierende Komponente des Patientenschicksals, selbst wenn, wie im Falle der Hepatitis C die Grunderkrankung behandelt werden kann. Therapeutische Ansätze zur Verhinderung der Fibroseprogression und darüber hinaus die Rückbildung der Zirrhose im Rahmen einer geordneten Regeneration werden dringend benötigt.

3. Wo brauchen Sie dringend eine Therapieverbesserung für Patienten mit Erkrankungen auf Ihrem Spezialgebiet?

Die wesentlichen hepatischen Malignome, das HCC und das Cholangiokarzinom sind auch heute noch nicht befriedigend systemisch therapierbar. Darüber hinaus liegt bei diesen Patienten oft eine Leberfunktionsstörung vor, die die Therapieverträglichkeit einschränkt. Besser wirksame und dabei gut verträgliche Therapeutika werden dringend benötigt.

Curriculum vitae

Peter R. Galle ist Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik an der Universitätsmedizin in Mainz. Er studierte Medizin an den Universitäten Berlin, Marburg, Houston, Mannheim und Heidelberg. Nach einer Postdoc Zeit am Zentrum für Molekulare Biologie in Heidelberg erhielt er seine Ausbildung zum Internisten und Gastroenterologen in Heidelberg und folgte 1998 dem Ruf nach Mainz. Er war unter anderem Tagungspräsident der DGVS und Präsident der International Liver Cancer Association (ILCA). Der wissenschaftliche und klinische Fokus liegt auf dem HCC.