Auf eine kurze Überdosierung folgt eine längere Effektivdosis und eine noch längere Unterdosierung mit dem Wirkstoff in Form von Augentropfen. Mitte der 70er Jahre wurde erstmals in der Medizin versucht, mit Hilfe von Polymeren bioaktive Substanzen zu binden und eine kontinuierliche Abgabe zu messen [5]. Die erste ophthalmologische Entwicklung eines Medikamententrägers zur kontinuierlichen Abgabe von Pilocarpin in den Tränenfilm wurde 1970 mit der Produktion des Ocuserts® (Abb. 1), bestehend aus Wirkstoff, umgeben von 2 Membranen aus Ethylenvinylazetat, abgeschlossen [13].
Alle späteren Entwicklungen, u. a. mit Gentamycin als Wirksubstanz, basierten auf dem gleichen Wirkprinzip, wie am Beispiel des Ocuserts® dargestellt, die Substanz wird entlang dem bestehenden Konzentrationsgefälle in die Tränenflüssigkeit abgegeben. In Tiermodellen zeigte sich auch der Vorteil einer kontinuierlichen Wirkstoffabgabe von Gentamycin im Medikamententräger nach einer bakteriellen Konjunktivitis gegenüber einer konventiellen Tropfentherapie mit 5 mal täglich applizierten Gentamycinaugentropfen [2]. Diese Methode der zielgerichteten Medikamententherapie am Augenvorderabschnitt konnte sich trotz aller pharmakokinetischer Vorteile nicht etablieren, da das subjektive Mißempfinden (Fremdkörpergefühl, Verlagerung im Bindehautsack) von den Patienten nicht akzeptiert wurde. Anfang der 90er Jahre machte die Notwendigkeit der häufigen intravitrealen Injektionsfrequenz von Ganciclovir bei Zytomegalievirusretinitis (CMV-Retinitis) zur lokalen Erhaltungstherapie ein neues Therapiekonzept notwendig. Die Untersuchung der Permeabilität von Ganciclovir durch Ethylenvinylazetat- und Polyvinylalkoholmembranen führte zur Entwicklung von den ersten in den Glaskörper zu implantierenden Medikamententrägern [21]. Die Idee der „Pellets“ zur verzögerten dauerhaften Abgabe von Ganciclovir beruht auf dem beschriebenen Prinzip der Doppelmembran aus durchlässigem Ethylenvinylazetat (EVA) und Polyvinylalkohol (PVA) entlang dem bestehenden Konzentrationsgefälle von Ganciclovir im Glaskörper, wie in Abb. 2 dargestellt.
Die Entwicklung des Medikamententrägers führte von Pellets, die 5 μg/h in den Glaskörper abgaben und mit 6 mg beladen waren [21], über klinisch eingesetzte Exemplare mit einer Diffusionsrate von 2 μg/h [19] bis zur aktuell eingesetzten Version, die 1 μg/h abgibt und eine 4,5-mg-Beladung aufweist [14]. Die Wirkdauer der von der Fa. Chiron (USA) unter dem Namen Vitrasert® vertriebenen Pellets beträgt nach Implantation im Auge zwischen 6 und 8 Monaten.
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Gümbel, H., Koch, F. Drug targeting bei Zytomegalievirusretinitis Intravitreale Implantation von Ganciclovir-Medikamententrägern. Ophthalmologe 95, 58–63 (1998). https://doi.org/10.1007/s003470050237
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