Der SETAC-GLB fördert seit mehreren Jahren den wissenschaftlichen Nachwuchs durch die Verleihung von Förderpreisen. Die Preise werden jeweils im Rahmen der Jahrestagungen überreicht. Die beste eingereichte Doktorarbeit wird hierbei mit einem Förderpreis in Höhe von 3000 € und die beste Diplom- oder Masterarbeit mit einem Förderpreis in Höhe von 1000 € gewürdigt. Den Preisträgern wird die Möglichkeit geboten, ihre Arbeiten im Rahmen der SETAC-GLB Jahrestagungen vorzustellen. Der Preis für die beste Doktorarbeit wurde vom Verband der Chemischen Industrie e. V. (http://www.vci.de) gefördert, die Nachwuchspreise für die Diplomarbeiten vom Vorstand der SETAC-GLB.

Für die Nachwuchsförderpreise 2008 hatten sich insgesamt 15 Kandidaten mit neun Doktorarbeiten und sechs Diplomarbeiten beworben. Die Auswahl der besten Arbeiten erfolgte durch die Mitglieder des Vorstandes des SETAC-GLB in einem zweistufigen Verfahren. Im Rahmen der Beurteilung der Arbeiten wurden neben der wissenschaftlichen Qualität der Arbeit, die Art der Darstellung der Ergebnisse und der verwendeten Methoden, die Diskussion und Interpretation der Ergebnisse, die Interdisziplinarität, der allgemeine Eindruck sowie die Fähigkeit einer selbstkritischen Bewertung bzw. die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Einordnung der Ergebnisse beurteilt. Die eingereichten Arbeiten überzeugten auch in diesem Jahr wieder durch eine hohe Qualität. Die Auswahl der besten Arbeiten stellte die Jury in diesem Jahr dementsprechend vor eine große Herausforderung, die in der Vergabe von zwei ersten Preisen für die beste Diplomarbeit resultierte.

1 Die Preisträger 2008

2 Beste Doktorarbeit

Dr. Oliver Körner erhielt den Preis für die beste Dissertation mit dem Titel „Field and laboratory approaches to assess estrogen disruption in the brown trout Salmo trutta”.

Oliver Körner wurde 1975 in Stuttgart geboren und studierte Biologie an der Universität Tübingen. Nach seiner Diplomarbeit an der Universität Tübingen und der University of Diliman (Philippinen), arbeitete er am Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin und dem Institut für Pflanzenbiochemie der Universität Tübingen. Im Jahre 2003 begann er seine Promotion am MGU (Programm Mensch, Gesellschaft und Umwelt) der Universität Basel, unter Betreuung von Prof. Dr. Patricia Burkhard-Holm und Dr. Katja Knauer, verbunden mit Forschungsaufenthalten an der EAWAG in Dübendorf und der University of Florida in Gainesville (USA). Seit Mitte 2007 arbeitet Oliver Körner in Heidelberg bei der Firma RIFCon im Bereich Regulatory Support und Consumer Safety (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Dr. Oliver Körner erhielt den Nachwuchspreis für die beste Doktorarbeit

Im Rahmen seiner Doktorarbeit beschäftigte sich Oliver Körner mit der Hypothese, dass die in den vergangenen Jahren in Schweizer Flüssen beobachteten reduzierten Fangzahlen für die Forelle Salmo trutta mit östrogenaktiven Chemikalien in Verbindung stehen, die über Abwasserströme in die Umwelt gelangen. Diese sogenannten „Umweltöstrogene“ haben das Potenzial, die Wirkung endogener Hormone nachzuahmen und dadurch die reproduktive Fitness von Fischen negativ zu beeinflussen. Ziel der Arbeit war es, die reproduktive Fitness von Forellen in Schweizer Flüssen zu bestimmen und ggf. einen möglichen Zusammenhang zwischen mutmaßlichen Reproduktionsstörungen und im Gewässer vorkommenden östrogenaktiven Substanzen aufzuzeigen.

Zu diesem Zweck wurden sowohl Freilanduntersuchungen als auch laborbasierte Ansätze verfolgt. Zur Untersuchung der reproduktiven Fitness freilebender Forellen wurden Ansätze des passiven und aktiven Monitorings durchgeführt. Es wurden freilebende Fische an jeweils drei Standorten in vier unterschiedlichen Flüssen beprobt. Alle untersuchten Flüsse waren durch den Zufluss von Abwassereinleitern beeinflusst. Die Probenahmen wurden in einem Zeitraum von zwei Jahren durchgeführt. Es wurden sowohl Vitellogenin (VTG)-Konzentrationen im Plasma als auch die Gonadenhistologie untersucht. Die Ergebnisse wiesen auf eine geringe Beeinflussung durch Umweltöstrogene in Schweizer Flüssen hin. Nur in einem kleinen Anteil der untersuchten Männchen wurden Plasmavitellogenin-Konzentrationen größer 1 µg/mL gefunden. Auch ovarielle Atresie wurde selten beobachtet, und es wurden keine männlichen „Intersex“-Fische entdeckt. In einigen Weibchen wurde spermatogene Aktivität im ovariellem Gewebe nachgewiesen. Allerdings scheinen diese Intersex-Befunde nicht mit Umweltöstrogenen im Zusammenhang zu stehen.

In einem zweiten Feldversuch wurden Forellen in kleinen Käfigen in Gewässer eingesetzt. Nach drei Wochen wurden die Plasmavitellogenin-Konzentrationen bestimmt und mit der Bioakkumulation an Umweltöstrogenen in der Galle in Bezug gesetzt. Zusätzlich wurde mittels einer passiven Probenahmemethode, der sogenannten polar organic chemical integrative sampler (POCIS), ober- und unterhalb von Kläranlagenausläufen Proben genommen. Weiterhin wurde in Wasserproben die Konzentration an Östrogenen mittels eines Reportergenassays mit Hefezellen und chemischer Analytik bestimmt. Es zeigte sich, dass die Beeinträchtigung der reproduktiven Fitness kein wesentlicher Faktor für die auffällige Abnahme der Forellenfänge ist. Neben dem potenziellen Risiko durch Umwelthormone sind steigende Wassertemperaturen als Folgeerscheinung der Klimaerwärmung zu einem ernstzunehmenden Problem in vielen Schweizer Flüssen und Bächen geworden. Besonders Mittelgebirgsflüsse erreichen Temperaturen, die für viele Salmoniden nicht optimal sind. Um mögliche adverse Effekte aufgrund erhöhter Wassertemperaturen zu untersuchen und Freilandsituation zu simulieren, wurden juvenile Forellen bei niedrigen oder hohen Temperaturen (12 °C bzw. 19 °C), sowie bei Temperaturzyklen von 12°–19 °C gegenüber Ethinylöstradiol (EE2) exponiert. Es konnte gezeigt werden, dass Umgebungstemperaturen signifikante Einflüsse auf die östrogeninduzierte VTG-Expression zur Folge haben und hierdurch möglicherweise zu Fehlinterpretationen von Umweltmonitoringstudien führen können. Sowohl die in den vergangenen Jahren beobachtete Erwärmung Schweizer Flüsse als auch das Auftreten östrogenaktiver Chemikalien in Flusswasser haben möglicherweise einen schädlichen Einfluss auf den generellen Gesundheitszustand von Forellen.

3 Beste Diplomarbeit

Der Preis für die beste Diplomarbeit wurde in diesem Jahr zweifach vergeben und ging an Dipl. Biol. Silvana Siehoff für ihre Arbeit „Interaktionen von Dahnia magna und Periphyton“ und Dipl. Biol. Hanno Zielke für seine Arbeit „Vergleich verschiedener Methoden zur Sedimentextraktion im Fischeitest mit dem Zebrabärbling (Danio rerio)“ (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Die Preisträger der beiden Nachwuchspreise für die besten Diplomarbeiten Silvana Siehoff und Hanno Zielke

3.1 Beste Diplomarbeit Silvana Siehoff

Silvana Siehoff wurde 1981 in Düren geboren. Sie studierte Biologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen. Dort beendete sie 2007 am Institut für Umweltforschung (Biologie V) ihre von Professor Hans-Toni Ratte betreute Diplomarbeit „Interaktionen von Dahnia magna und Periphyton“. Im Oktober desselben Jahres hat Silvana Siehoff ihre Promotion mit dem Thema „Simulationsmodell zur Sukzession von Grünlandgesellschaften in Abhängigkeit verschiedener Managementvarianten – dargestellt am Beispiel Nationalpark Eifel“ begonnen.

Silvana Siehoff beschäftigte sich im Rahmen dieser Arbeit unter dem Titel „Interaktionen von Dahnia magna und Periphyton mit dem Fraßverhalten des großen Wasserflohs Daphnia magna“. Für Daphnia magna ist eine effiziente Aufnahme von Phytoplankton mittels des Filtrierapparates bekannt. Aufgrund von Indizien, die sich auf Ergebnisse aus Mesokosmosstudien des Forschungsinstitutes gaiac stützen, wurde die Hypothese aufgestellt, dass Periphyton eine alternative Nahrungsressource für Daphnia magna zur Aufrechterhaltung der Populationsdichte in Zeiten geringer Phytoplanktondichte darstellen könnte. Zur Bestätigung dieser These wurden Daphnienpopulationstests unter Gabe verschiedener Nahrungsquellen durchgeführt. Die durchgeführten Versuche belegen, dass Periphyton von D. magna als Nahrungsquelle genutzt wird. Mit Periphyton als einziger Nahrungsquelle konnte D. magna eine stabile Population etablieren. Stand den Daphnien, die mit Desmodesmus subspicatus gefüttert wurden, zusätzlich Periphyton zur Verfügung, so wurde eine deutliche Förderung der Populationsdichte im Gleichgewicht beobachtet. Das Verhalten der Daphnien zeigte, dass Phytoplankton (vertreten durch die Grünalge Desmodesmus subspicatus) gegenüber Periphyton als Nahrung bevorzugt wurde. Erst wenn die Dichte an D. subspicatus im Wasserkörper unter einen bestimmten Wert sank, beweideten die Daphnien das Periphyton. Die Beweidung des Periphyton durch D. magna führte zu einer verringerten Aufwuchsdicke, einer Verschiebung der Häufigkeit der Arten und einer veränderten Wuchsform der abundanten Grünalge Stigeoclonium spec. Die Rolle des Periphytons als alternative Nahrungsressource für Daphnien wurde als modulare Erweiterung eines numerischen Seenmodells implementiert. Das Modell kann die in den verschiedenen Ansätzen der Populationstests im Gleichgewicht erreichte Biomasse der Daphnienpopulationen vorhersagen. Bei der Simulation einer theoretischen „Freilandsituation“ zeigte sich, dass eine Daphnienpopulation durch Beweidung des Periphyton von den Schwankungen der Phytoplanktondichte unabhängig ist und somit stabilisiert wird. Außerdem ergibt sich in der Simulation ein eindeutiger Konkurrenzvorteil einer Periphyton beweidenden Daphnie gegenüber einer, die nicht auf Periphyton als alternative Nahrungsquelle ausweichen kann. Das in dieser Arbeit erstellte Modul soll langfristig in ein ökologisches Simulationsmodell zur Prognose von Effekten auf die Planktondynamik in Mesokosmosstudien eingebunden werden. Aufgrund der hohen Bedeutung von Periphyton im Nahrungsnetz dieser Systeme ist die Berücksichtigung des Periphytons als alternative Nahrungsressource für D. magna unerlässlich.

3.2 Beste Diplomarbeit Hanno Zielke

Hanno Zielke wurde 1980 in Solingen geboren. An der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg studierte er Biologie. Im Jahre 2007 beendete er sein Diplomstudium mit der Diplomarbeit „Vergleich verschiedener Methoden zur Sedimentextraktion im Fischeitest mit dem Zebrabärbling (Danio rerio)“. Seit Oktober 2007 ist Hanno Zielke als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umweltwissenschaften (Biologie V) der RWTH Aachen tätig. Er beschäftigt sich im Rahmen seiner Promotion mit der Alterung, der Bioverfügbarkeit und der Aufnahme sedimentassoziierter Schadstoffe.

Hanno Zielke erhielt den Preis für die beste Diplomarbeit für seine Arbeit „Vergleich verschiedener Methoden zur Sedimentextraktion im Fischeitest mit dem Zebrabärbling (Danio rerio)“, die unter Anleitung von Prof. Dr. Thomas Braunbeck und Prof. Dr. Henner Hollert durchgeführt wurde Die eingereichte Diplomarbeit wurde als ergänzende Untersuchung im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts Sedimentkontakttests (SeKT) durchgeführt. In diesem Rahmen wurde je ein natürliches (Altarm des Rheins bei Altrip, Rheinland-Pfalz) und ein künstliches Sediment (OECD 218) untersucht. Die Sedimente, die jeweils entweder mit einem organischen Schadstoffgemisch (Diuron, 2,4-Dichloranilin, Fluoranthen, Parathion-ethyl, Pentachlorphenol und Nonylphenol) oder einem Schwermetallgemisch (Chloridsalze von Cadmium, Kupfer, Nickel und Zink) dotiert worden waren, wurden vergleichend untersucht. Die dazu verwendeten Extraktionsmethoden waren die Soxhlet-, die Membran-Dialyse (MDE), die Hydroxypropyl-β-Cyclodextrin- und die Tenax- TA®-Extraktion. Alle hergestellten Extrakte wurden im Fischeitest mit Danio rerio (DIN 38415-6) über 48 h untersucht und die erhaltenen LC50-Werte untereinander sowie mit den parallel in einer anderen Studie erlangten Werten aus dem Sedimentkontakttest verglichen. Zusätzlich wurden chemische Analysen (ICP-MS) mit schwermetalldotiertem Sediment bzw. entsprechenden Extrakten belasteter Danio-rerio-Embryonen durchgeführt. Über den Vergleich der beiden Sedimenttypen (künstlich und natürlich) konnte gezeigt werden, dass das OECD-218-Sediment in Bezug auf alle betrachteten Parameter stabiler ist und somit besser reproduzierbare Ergebnisse liefert. Folglich ist es als Referenzsediment gut geeignet. Gleichzeitig fehlen künstlichen Sedimenten jedoch eine Reihe für natürliche Sedimente charakteristische Eigenschaften, sodass die Entscheidung über den zu verwendenden Sedimenttyp von der individuellen Fragestellung eines experimentellen Ansatzes abhängig gemacht werden sollte. Die Extrakte aus der erschöpfend extrahierenden Soxhlet-Methode resultierten erwartungsgemäß in hohen Mortalitäten im Fischeitest. Auch war diese Methode die einzige, durch die Schwermetalle extrahiert wurden. Durch die chemische Analytik konnte gezeigt werden, dass die toxische Wirkung der Schwermetallextrakte auf Kupfer oder Zink zurückzuführen ist. Über die Untersuchung der aufgeschlossenen Embryonen konnte eine gegenüber dem Messhintergrund zehnfache bis hundertfache Schwermetallanreicherung in koagulierten Fischeiern nachgewiesen werden. Die Eignung der MDE als erschöpfende Alternativmethode zur Soxhlet-Extraktion konnte weitgehend bestätigt werden. Extrakte aus der HPCD-Extraktion waren deutlich toxischer als erwartet, was auf eine „erschöpfende“ und nicht auf eine die Bioverfügbarkeit abbildende Schadstoffextraktion dieser Methode hindeutet. Die unzureichende Alterung der getesteten Sedimente wurde als wahrscheinlicher Grund für dieses Ergebnis ausgemacht. Mit der Tenax-TA®-Extraktion konnte die Bioverfügbarkeit im Sedimentkontakttest bei künstlichem Sediment 1:1 simuliert werden, jedoch waren die Ergebnisse für das getestete natürliche Sediment nur eingeschränkt reproduzierbar. Da die Methode zudem kostenintensiv und experimentell schwierig durchführbar ist, wird von einer weiteren Verwendung abgeraten.

Für eine Ergänzung und Vervollständigung der erzielten Ergebnisse ist eine nachträgliche chemische Analytik der erlangten Extrakte zwingend notwendig. Diese Analyse wird momentan in Kooperation mit dem Umweltforschungszentrum Leipzig durchgeführt.