ISSN:
0944-7652
Content:
Therapiebegrenzungen und Therapieabbrüche in der Intensivmedizin unterliegen im klinischen Alltag nicht der autonomen und selbstbestimmten Entscheidung der meist bewusstlosen Patienten, auf die das idealisierte "Gesprächsmodell" der Arzt-Patienten-Beziehung nicht passt. Die juristische Frage, ob Entscheidungen über einen zulässigen Therapieabbruch von Vormundschaftsgerichten genehmigt werden dürfen oder ob Angehörige und Ärzte das damit verbundene geringe strafrechtliche Risiko alleine tragen müssen, hat in Deutschland seit 1998 zu teilweise konträren Gerichtsbeschlüssen geführt. Diverse schriftliche Vorausverfügungen des Patienten, die neuerdings gerne als Ausweg genannt werden, erscheinen in der Intensivmedizin als wenig zuverlässige Instrumente, da die spezifische Situation eines Intensivpatienten von diesem in gesunden Tagen kaum zutreffend antizipiert werden kann. Tatsächlich zeigen statistische Erhebungen, dass die paternalistisch gefällten Entscheidungen über Therapiebegrenzungen und Therapieabbrüche einer subjektiven Moraltheorie der Ärzte zu folgen scheinen, die von ihnen jedoch lediglich deskriptiv und nicht - wie es notwendig wäre - unter normativen Aspekten diskutiert wird. Das höchstpersönliche Lebensrecht von Intensivpatienten darf aber auch künftig nicht von Expertenbefragungen abhängen, die ihre ethische Legitimation aus demoskopischen Zirkelschlüssen gewinnen.
Note:
Literaturverz. S. 150-151
In:
Zeitschrift für medizinische Ethik, Leiden, The Netherlands : Brill | Mentis, 1993, 47(2001), 2, Seite 139-151, 0944-7652
In:
volume:47
In:
year:2001
In:
number:2
In:
pages:139-151
Language:
German
Keywords:
Intensivmedizin
;
Therapieabbruch
;
Medizinische Ethik
Author information:
Bauer, Axel W. 1955-